Etwa 30% aller Menschen über 65 Jahre stürzen mindestens ein Mal im Jahr, und ihr Risiko für weitere Stürze ist deutlich erhöht. Jenseits von 75 Jahren liegt die Rate noch höher. Frauen sind fünfmal häufiger betroffen als Männer. 20-30% der Sturzopfer ziehen sich Verletzungen zu, die die Mobilität und Unabhängigkeit einschränken oder zu erhöhter Krankheitshäufigkeit (Morbidität) und Sterblichkeit (Mortalität) führen. Knochenbrüche (Frakturen) treten zwar in weniger als 10% der Fälle auf, können dann jedoch zu Morbidität über einen sehr langen Zeitraum führen. Allein die Zahl der sturzbedingten Hüftfrakturen stieg in Deutschland von 1994 bis 2004 um 20.000 auf 120.000 pro Jahr. Sturzbedingte Verletzungen zählen zu den häufigsten Ereignissen, die die Selbstständigkeit zu Hause lebender Älterer beeinträchtigen, Ängste auslösen, ihre Alltagskompetenz einschränken, Pflegebedürftigkeit und Heimeinweisungen bewirken. Sturzbedingte Verletzungen sind in etwa 40% der Fälle der Auslöser für eine notwendige stationäre pflegerische Langzeitversorgung. In Deutschland gelten Stürze mit Todesfolgen als fünft häufigste Todesursache. Durch Stürze entstehen erhebliche Kosten im Sozial- und Gesundheitswesen.
Ein Sturz selbst ist zunächst ein Symptom für ein mögliches Defizit aus unterschiedlichsten Ursachen, die im körperlichen, geistigen Bereich, in der Umgebung oder in einer Mischung liegen können und nicht offensichtlich oder bekannt sein müssen. Man unterscheidet in der Person selbst begründete (intrinsische) und in der Umwelt der Person begründete (extrinsische) Faktoren. Das können unter anderem sein:
eine Sturzvorgeschichte, das Lebensalter, Seh- und Hörbeeinträchtigungen, Arzneimittelgebrauch (Falschmedikation oder Nebenwirkungen) oder eingeschränkte Mobilität. Hinzu kommen Risikofaktoren aus der räumlichen Umgebung wie zum Beispiel Stolperfallen, schlechte Beleuchtung, glatte Böden oder ungeeignetes Schuhwerk.
Neben vielen weiteren hier nicht genannten Einzelfaktoren kann auch die Ernährungsweise das Sturzrisiko beeinflussen.
Ältere Menschen sind vielen Veränderungen ausgesetzt, die Körpergröße, Körpergewicht, Knochen- und Muskelmasse und Funktionsfähigkeit der Sinnesorgane betreffen, auf die sie sich im Alltag einrichten müssen. Übergewicht im Alter kann dazu führen, dass zum Beispiel kleine Trittleitern oder Hocker nicht mehr dem Gewicht entsprechen. Untergewicht, vor allem bei Hochbetagten, kann die Standfestigkeit herabsetzen. Bei Gedränge oder leichten Rempeleien kann die Balance leicht verloren gehen. Diese Veränderungen können problematisch sein, da sie schleichend passieren und erst ab einer gewissen Stufe bewusst werden
Viele ältere Menschen sind fehl- oder mangelernährt, obwohl sie genügend Kalorien zu sich nehmen. Sie nehmen jedoch oftmals zu wenig lebenswichtige Nährstoffe auf, insbesondere Eiweiß, Mineralstoffe und Vitamine. Auch Appetitlosigkeit, die bei vielen Senioren vorkommt, führt dazu, dass nicht ausgewogen gegessen wird.
Die Folgen von Mangelernährung (Malnutrition) können im weiteren Lebensverlauf älterer Menschen zu erheblichen Beeinträchtigungen führen. Es besteht kein Zweifel, dass Mangelernährung zur Morbidität und Mortalität im Alter beiträgt. Mögliche Folgen der Mangelernährung sind ein beeinträchtigter Allgemeinzustand, Müdigkeit und Antriebslosigkeit. Neben einer allgemeinen Schwäche und einer Abnahme der Muskelkraft kann es zu einem erhöhten Sturz- und Frakturrisiko mit den möglichen Folgen Immobilität und Dekubitus kommen. Lang andauernde, suboptimale Versorgung mit Mikronährstoffen (Vitamine, Mineralstoffe, Spurenelemente und sekundäre Pflanzenstoffe) führt über eine Reihe von Mechanismen zu neurologischen und kognitiven Störungen mit der möglichen Folge Verwirrtheit, was wiederum das Sturzrisiko erhöht. Verschiedene Studien konnten zeigen, dass eine mediterrane Kost mit hohem Anteil von Obst, Gemüse und Fisch eine schützende Wirkung für den Erhalt von kognitiver Leistungsfähigkeit und zur Vorbeugung von Morbus Alzheimer hat. Erklärt wird der Zusammenhang zwischen mediterraner Ernährung und geistiger Leistungsfähigkeit durch die antioxidative und antientzündliche Wirkung der Kost. (Näheres zum Thema Malnutrition auf der Seite Mangelernährung im Alter)
Da im Alter oft der Durst nachlässt, wird vielfach zu wenig Flüssigkeit aufgenommen, nur die wenigsten erreichen dann die empfohlene Trinkmenge von 1,3 Liter täglich (nach den aktuellen Empfehlungen für ältere Menschen, sollten für eine ausgeglichene Wasserbilanz von den erforderlichen 2250 ml pro Tag etwa 1310 ml aus Getränken, 680 ml aus fester Nahrung und die restlichen 260 ml aus Oxidationswasser kommen) die notwendig ist, um gesund zu bleiben. Zu wenig Flüssigkeit beeinträchtigt jedoch die mentale Leistungsfähigkeit. Die Konzentration sinkt, reduzierte Wahrnehmungsfähigkeit und Verwirrtheitszustände erhöhen das Unfall- und Sturzrisiko. Mögliche Folgen von Flüssigkeitsmangel und Dehydratation sind unter anderem muskuläre Schwächung und Schwindel mit erhöhter Sturzneigung, vermehrten Knochenbrüchen und Immobilität.
Die Muskelalterung und der damit verbundene Muskelmassenverlust (Sarkopenie) gehen mit funktionellen Einschränkungen einher. Der Verlust an Muskelmasse kann bis zum 80. Lebensjahr je nach körperlicher Aktivität bis zu 40% betragen. Dies geht einher mit dem Verlust an Muskelkraft.
So verringert sich die Muskelkraft ab dem 60. Lebensjahr durchschnittlich um 1 - 1,5% im Jahr. Am stärksten schwindet die Kraft in den Beugemuskeln des Unterarms. Bei Stürzen nach vorne, fehlt die Fähigkeit sich mit den Armen abzufangen und den Sturz abzubremsen. Es erfolgt auch eine Reduzierung der Beinkraft, was in starkem Maße alltägliche Bewegungen, wie Treppensteigen, Einkaufen gehen oder das Aufstehen von einem Stuhl beeinflusst und das Sturzrisiko erhöht.
Das Gleichgewicht zwischen Zellabbau und -reparatur und somit die Muskelzellalterung wird maßgeblich von zum Teil beeinflussbaren Faktoren wie der Energiezufuhr respektive der Ernährung mitbestimmt. Die wichtigste Rolle dabei spielen die Zufuhr von Eiweiß (Proteinen) und Vitamin D. Der Proteinbedarf im Alter (1 - 1,2 g/kg Körpergewicht) scheint im Vergleich zu jüngeren Erwachsenen (0,8 g/kg Körpergewicht) erhöht zu sein, so dass die Unterversorgung mit Protein als ein begünstigender Faktor für die Entstehung und das Fortschreiten der Sarkopenie zu betrachten ist. Auch die Art des Proteins spielt eine Rolle. Essenzielle Aminosäuren, und hier insbesondere Leuzin, sind nötig, um die Muskelproteinsynthese zu stimulieren, im Alter in größerem Maße als bei jungen Menschen. Nach neuen Erkenntnissen ist auch der Zeitpunkt der Aufnahme von Bedeutung. So können sich eine besonders eiweißreiche Mahlzeit zu Mittag und eine eiweißarme Abendmahlzeit offenbar günstig auswirken.
Damit sich eine ausreichende Eiweißzufuhr positiv auf Muskelkraft und Mobilität auswirken kann, ist es allerdings unabdingbar, körperlich aktiv zu bleiben und die Beweglichkeit regelmäßig zu trainieren.
Vitamin D übt einen wesentlichen Einfluss auf die Muskelfunktion aus. Es beeinflusst Muskelzellen und unterstützt die Zunahme der Muskelmasse, die Koordination wird verbessert und das Risiko von Stürzen bei Älteren verringert. Inzwischen gilt als erwiesen, dass mit genügend Vitamin D-Substitution die Sturzrate von älteren Erwachsenen bis zu 50% gesenkt werden kann.
Vitamin D hat zusammen mit Kalzium einen entscheidenden Einfluss auf den Knochenstoffwechsel. Unter anderem vermindert es die Kalziumausscheidung über die Niere, steigert die Kalziumaufnahme aus dem Darm in die Blutbahn und den Einbau des Kalziums in den Knochen. Vitamin D-Mangel, vor allem in Verbindung mit Kalziummangel, führt zu einer steigenden Zahl von Hüftgelenk-, Oberschenkelhals- und Wirbelkörperfrakturen. (Ausführliche Informationen zur Bedeutung von Vitamin D auf der Seite Vitamin D-Mangel).
Bei einem Mangel an Kalzium und Vitamin D kommt es verstärkt zur Entstehung von Osteoporose. Auch Unterernährung, insbesondere Eiweißunterernährung, begünstigt durch eine verringerte Knochendichte und Muskelkraft das Auftreten von Osteoporose. Bei dieser ernährungs-abhängigen Stoffwechselkrankheit, die durch eine stark reduzierte Knochenmasse gekennzeichnet ist, werden die Knochen porös, und es kommt schneller zu Brüchen, auch bei geringer Belastung. Kalzium ist die Basis für gesunde Knochen. Zahlreiche Studien konnten zeigen, dass eine erhöhte Kalziumaufnahme den Knochenschwund reduziert und gleichzeitig damit das Frakturrisiko senkt. Die konsequente Zufuhr von Kalzium und Vitamin D verringert das Frakturrisiko um 40%. Wer viel Eiweiß zu sich nimmt und sich gleichzeitig kalziumreich ernährt, kann das Risiko für Hüftfrakturen drastisch verringern. Forscher schließen aus aktuellen Erkenntnissen, dass die Kalziumversorgung den Effekt der Eiweißzufuhr auf die Hüftfrakturrate offenbar wesentlich beeinflusst.
Nicht jeder Sturz lässt sich verhindern, aber das Risiko für Stürze lässt sich deutlich verringern. 40% der Stürze können durch vorbeugende Maßnahmen verhindert werden. Neben
kann auch eine angepasste Ernährungsweise und die Auswahl geeigneter Lebensmittel dazu beitragen, die Sturzrate zu vermindern.